Von meiner Verletzung zur Berufung!
24/6/2024 13:29
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Allgemein

Es war an einem Spätsommertag Anfang September. Der Ascheplatz war staubig, der Mund war trocken. Die letzten Sonnenstrahlen beleuchteten die östliche Mauerbegrenzung des Spielfeldes. „Möbel Tiggelbeck“ stand da in großen blauen Buchstaben. Karl, der Platzwart, lehnte mit seinem Buckel auf der Brüstung an der Zufahrt. Wir hielten uns mit vielen Spielern im eigenen Strafraum auf und kämpften um den Ball. Einige Väter und Eltern, die nach uns trainierende A-Jugend hielten sich auf der maroden Tribüne unterhalb der Vereinsgaststätte auf. Hinterm Tor standen einige D-Jugend-Spieler, die vor uns trainiert hatten. Der abgewetzte Lederball fiel mir am 5- Meterraum vor meine Füße. Ich holte mal so richtig mit dem rechten Bein aus. Das nächste, was mir bewußt wurde, war mein Schmerz im rechten Oberschenkel. Ich fand mich auf dem Boden wieder, unfähig aufzustehen.

Sofort war ich umringt von den Mitspielern. Das Anschließende erlebe ich heute wie eine Dia- Schau: Rettungswagen, Einfahrt an der Rückseite Universitätsklinikum, unfallchirurgische Ambulanz, Schwester Margret, ganzes Bein im Gips, enges Krankenzimmer mit 3 weiteren Verletzen. Ob ich dann noch Schmerzen hatte? Ich weiß des nicht mehr. Die Erinnerungen an freundliche Menschen, die es gut mit einem meinen, die fachlich kompetent erschienen, die mich beschützten, überstrahlt alles.

Und ab dann war es nur noch spannend für mich als Jugendlicher. Mit Staunen, mit Bewunderung, mit Ehrfurcht habe ich alles Weitere in 14 Tagen aufgesogen. Die Vorbereitung zur OP, das wunderbare Dahingleiten in den Schlaf bei der Einleitung der Narkose, die 2 fiebrigen Tage bis zur nächsten OP und das Wohlgefühl nach einigen Tagen.

Was hat mich damals innerlich so bewegt, dass die Unfallchirurgie und Orthopädie ein Großteil meines Lebensweges werden sollten?

Die Zuwendung der Menschen mit einer fokussierten Kompetenz, das analytische Denken der Ärzte, die Notwendigkeit, Entscheidungen in Verantwortung für den Patienten zutreffen, die Begeisterung für Handwerk und Technik im Umgang mit dem menschlichen Körper. Aber auch die eindrucksvollen Chefarztvisiten. Prof. S.-N. mit gestärktem doppelreihigem weißen Kittel, im Schlepptau seine Oberärzte zuhörend. Die Physiotherapeuten in der letzten Reihe, die ihre Köpfe recken mussten, um zu wissen, welcher Patient dort im Bett lag. Die Krankenschwestern, die vollkommen achtsam die Menschen dort versorgten. Pfleger Andreas mit seiner ansteckenden Fröhlichkeit. Es war das Alles.

Von da an war mir klar: das wollte ich miterleben, gestalten und auch so arbeiten können.

Doch der Weg war weit, hatte aber hatte ein Ziel. Das mäßige Abitur bescherte mir eine lange Wartezeit auf den Studienplatz. Dann mal zunächst Krankenpflege, Zivildienst im Krankenhaus und nach 3 Jahren dann der ersehnte Studienplatz. Und wieder gab es zu staunen, aufzusaugen, zu erleben und sich zu entwickeln. Die spannenden Tage im Präparationssaal der Anatomie, Prof. B. mit seiner Genauigkeit, seiner Akribie und seiner Begeisterung für die Anatomie des Zentralen Nervensystems war Antrieb und Fluch (in den Prüfungen) zugleich. Die damals unverstandene Biochemie als Hindernis auf dem Weg in das Hauptstudium. Wieder hatte mich eine Verletzung beim Fußball 10 Tage vor dem Physikum zurückgeworfen.

Heute ist mir klar: es war notwendig. Der neue und andere Blick auf und der Umgang mit Lernen, Erfassen von neuen Inhalten und Integration in das Bekannte war erforderlich, um heute die Notwendigkeit zu erkennen, ganzheitlich zu arbeiten.

Das praktische Jahr in einem Duisburger Krankenhaus als letzter Studienabschnitt war eine wichtige Erfahrung, vor allem darin, dass ich wusste, wie ich es in Zukunft nicht machen wollte. Der Satz der Stationsärztin in der Geriatrie (Altersmedizin) nach 3 tatsächlich sehr interessanten Monaten dort: „Du in die Unfallchirurgie? Das ist Perlen vor die Säue werfen“, klingt noch heute nach und hat mich immer auch aufmerksam werden lassen, wenn es darum ging, eine Entscheidung zu treffen oder für den Patienten eine Empfehlung auszusprechen. Es gibt nie nur den einen Grund für oder gegen eine Therapie oder Operation. Die Gesamtheit zu erfassen und die allen Variablen gerechte Entscheidung mit dem Patienten zu treffen ist die Grundbedingung für mein Arbeiten. Und so ist es mir auch heute klar, dass die Unfallchirurgie und die Spezialisierung auf Arthroskopien der Schulter, des Kniegelenkes nicht der Endpunkt seien konnte. Zudem war es auch offensichtlich, dass Machtspiele, Rangkämpfe, Neid und Politik eines Krankenhauses nicht mein Ort war, an dem mein Wirken Raum finden konnte. Die Osteopathie an einer hervorragenden Schule zu lernen, war der logische nächste Schritt.

Ab 2014 in der eigenen Praxis dann ein Nebeneinander von hochkompetenter Spezialisierung, ganzheitlichem Blick auf Symptome und Funktionsstörungen, handwerklicher Geschicklichkeit, osteopathischer Zugangswege und Möglichkeiten erleben zu können, macht mich sehr dankbar.

Und auch hier ist noch lange nicht das Ende meiner Entwicklung erreicht. Jetzt seit 4 Jahren die unterbewußten Gründe für Krankheit zu erforschen und kreativ im Innerwise-Coaching mit dem Klienten zu begleiten ist der nächste logische Entwicklungsschritt. Von der Verantwortung für den Patienten in die Aufgabe, dem Patienten seinen Verantwortung zurückzugeben und ihn fähig zu machen, selbstständig zu arbeiten ist die Medizin der Zukunft.

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